Industrielärm ist bei späterer Wohnungsbebauung

Wer in die Nähe eines Industriegebiets zieht und sich dabei bewusst der Gefahr von Geräuschbelästigungen aussetzt, kann später nicht auf Unterlassung des Industrielärms klagen.

Als Grundstückseigentümer haben Sie ein Recht auf Beseitigung oder Unterlassung von Beeinträchtigungen gegen den Störer, wenn Lärm, Gerüche, Rauch oder Erschütterungen die gesetzlichen Grenzwerte übersteigen. Denn dann geht das Gesetz von einer nicht mehr zu duldenden, wesentlichen Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung aus.

Am 6. Juli 2001 hat der Bundesgerichtshofs aber entschieden, dass ein Unterlassungsanspruch ausgeschlossen ist, wenn sich der beeinträchtigte Eigentümer "sehenden Auges" der Gefahr von Belästigungen aussetzt, indem er in die Nähe eines Industriegebietes zieht. Dass der störende Betrieb schon sesshaft war, als der Grundstücksnachbar zugezogen ist, rechtfertigt die Beeinträchtigung des Nachbarn grundsätzlich nicht.

Nach Auffassung des für Grundstücks- und Nachbarrechtsfragen zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes resultiere jedoch aus dem "nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis" eine Pflicht zu gesteigerter gegenseitiger Rücksichtnahme. Dies gelte besonders dann, wenn sich der beeinträchtigte Nachbar in Kenntnis der Sachlage der Gefahr von Geräuschbelästigungen aussetze und durch Zuzug erst die Konfliktlage zwischen Industrie- und Wohnnutzung schafft und dann auf Unterlassung klagt. In einem solchen Falle hat der Nachbar selbst eine wesentliche Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung zu dulden, sofern die gesetzlich zulässigen Grenzwerte nicht überschritten werden, urteilten die Richter (Aktenzeichen: V ZR 246/00).

Die Kläger hatten 1990 ein Grundstück am Rande eines Wohngebiets gekauft. Schon damals gab es eine über 30 Jahre alte Hammerschmiede im 160 Meter entfernten Industriegebiet. Wegen des Lärms, den die Schmiede jeden Tag bis zu fünf Stunden lang macht, klagten die genervten Grundstückseigentümer später gegen den Störenfried auf Unterlassung. Obwohl der vom Betrieb ausgehende Lärm innerhalb der gesetzlich zulässigen Immissionswerte lag, gab ihnen das Oberlandesgericht Stuttgart zunächst Recht. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil aber wieder auf und wies die Klage ab.

 
 
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